Blog von M. Baecher
…Stimmiger «Frei(ab)gang»
Während dreieinhalb Jahren hat Gallus Frei-Tomic das Programm des Literaturhauses Thurgau im Bodmanhaus gestaltet und verantwortet. Ende Jahr endet seine «Amtszeit» turnusgemäss. Zum «Frei(ab)gang», wie die Abschiedsveranstaltung vom Samstag, 2. Dezember, doppelsinnig betitelt war, hatte er KünstlerInnen eingeladen, mit denen der Scheidende eine besondere Beziehung verbindet.
Es ist eine der Besonderheiten und es gehört zum Konzept des Literaturhauses Thurgau, dass die oder der Programmverantwortliche nach zwei oder drei Jahren zwangsweise wechselt. Das hat sich in den über 20 Jahren des Bestehens des Gottlieber Literaturhauses bewährt. Denn eine neue künstlerische Leitung bringt wieder neue Ideen und Ausrichtungen ein und sorgt so für immer neue Impulse.
Vertiefter Einblick ins literarische Schaffen
So hat Gallus Frei-Tomic (Bild 1) unter anderem vermehrt literarische Veranstaltungen mit Musik kombiniert – sinnigerweise auch bei seinem «Abgang». Während bei anderen Veranstaltungen die Musik oftmals die Texte interpretierte, untermalte und begleitete, sorgten der Gitarrist Christian Berger und der Schlagzeuger Dominic Doppler dieses Mal für die (musikalische) Klammer. Dazwischen las die in Zürich lebende Autorin Alice Grünenfelder aus ihrem dieses Jahr erschienen Roman «Ein Jahrhundertsommer». Der ebenfalls in Zürich ansässige Urs Faes, der von Gallus Frei-Tomic als «eine Säule der Schweizer Literatur» bezeichnet wurde, gewährte Kostproben aus seinem neuestem Manuskript. Der Roman, der nächstes Jahr erscheinen wird, ist in Teilen in Gottlieben entstanden, als Urs Faes die Gastwohnung im Bodmanhaus nutzte, um sich hierher zurückzuziehen, «innezuhalten» und «zu sich zu kommen», wie er sagte. Er gab im Gespräch mit Gallus Frei-Tomic damit einen vertiefen Einblick in seine Arbeits- und Denkweise. Dabei fielen solch bemerkenswerte Sätze wie: «Literatur entlarvt die Wirklichkeit als eine der Möglichkeiten».
Besonderen Zugang zu den AutorInnen gefunden
Unter anderem eben diesen besonderen Umgang von Gallus Frei-Tomic mit den AutorInnen würdigte denn abschliessend auch Lorenz Zubler (Bild 2), der Präsident des Stiftungsrates der Thurgauischen Bodman-Stiftung. Er habe es verstanden, die Schriftstellerinnen und Schriftsteller in den Gesprächen aus der Reserve zu locken und damit zu ihnen einen vertieften Zugang zu verschaffen. Der Stiftungsratspräsident hob aber auch die ungeheure Belesenheit und das ausserordentliche Engagement von Gallus Frei-Tomic hervor – dies auch auf dem Hintergrund, dass seine «Amtszeit» wegen der Pandemie in eine schwierige Phase fiel. Viel sei vergebliche Arbeit gewesen, weil Veranstaltungen abgesagt oder verschoben werden mussten. Gallus Frei-Tomic sei aber unbeirrt seinen Weg gegangen und habe «der Literatur in dieser Welt einen Platz gegeben». Das wird er künftig unter anderem als Co-Leiter des St.Galler Literaturfestivals «wortlaut» tun, aber daneben – neu als Gast – dem Literaturhaus Thurgau treu bleiben, wie er versicherte.
Foto: M. Baecher