Blog von M. Baechli

mit vielen Erinnerungen

Es ist zur schönen Tradition geworden, dass die Bürgergemeinde jeweils im Frühjahr zum Seniorentreff einlädt, dieses Jahr auf den Dienstag, 6.  Mai, und zwar in das neue Kirchgemeindehaus in Tägerwilen. Dabei wurden unter anderem wieder Erinnerungen aufgefrischt, dieses Jahr auch anhand von historischen Aufnahmen des Gottlieber Photographen Willy Müller, über dessen Leben und Werk der Lokalhistoriker Rolf Seger gewohnt kompetent und detailreich referierte – gefolgt von einem feinen Mittagessen.

Wie Bürgerpräsidentin Esther Höppli in ihrer Begrüssung erwähnte, war es bereits zum dritten Mal, dass Rolf Seger den Anlass mit einem Referat bereicherte, das letzte Jahr über das Tägermoss und das vorletzte Jahr über den Tägerwiler Maler Ernst Kreidolf.

Dokumentarische Fotografie als Kunst

Sozusagen aus aktuellem Anlass war sein diesjähriger Vortrag dem Photographen Willy Müller gewidmet, der von 1934 bis 1967 in Gottlieben gelebt hatte. Rolf Seger hat sich nämlich im letzten Halbjahr intensiv mit ihm befasst und hat während rund drei Monaten ausdauernd in verschiedenen Quellen und Archiven nach Unterlagen über Willy Müller und Aufnahmen von ihm gesucht. Und ist fündig geworden: Erstmals vorgestellt hat Rolf Seger die umfangreichen Resultate seiner hartnäckigen Recherche anlässlich der Generalversammlung des Historischen Vereins am Seerhein, über die wir in der letzten Ausgabe der «Gottlieber Nachrichten» berichtet haben. Wie sich jetzt beim Seniorentreff zeigte, mögen sich ältere Gottlieberinnen und Gottlieber noch an Willy Müller erinnern. Er soll immer mit einem Stativ unterwegs gewesen sein (Bild).

In den späteren Jahren arbeitete er intensiv mit Albert Knoepfli, dem ersten Denkmalpfleger des Kantons Thurgau, zusammen, für den er zahlreiche Baudenkmäler fotografierte – meisterhaft, wie die von Rolf Seger gezeigten Aufnahmen eindrücklich unter Beweis stellten. Oder wie es Albert Knoepfli in einem Beitrag über Willy Müller im Thurgauer Jahrbuch 1976 ausdrückte: «Ein Kunstwerk in der Photographie nicht zu verfremden, nicht zu verfälschen, das ist selbst ein Kunstwerk».

Gottlieben aus einer anderen Zeit

Von besonderem Interesse waren natürlich die Aufnahmen von Willy Müller von Gottlieben, die Rolf Seger eigens zusammengestellt hatte und die erst recht Erinnerungen aufkommen liessen: etwa jene von der Tankstelle beim Ochsen, vom Schloss im Winterkleid, vom Raddampfer «Schaffhausen» am Gottlieber Ufer, vom Haus Zur Brugg (noch ohne hässliche Schaufenster), von der Renovation des Fröhlichhauses bei der Einfahrt in die Kirchstrasse (wo Willy Müller einst auch ein Atelier gehabt haben soll, wie sich Rolf Singer erinnerte), vom Fachenbau auf der Dorfwiese (jeweils im September, wie Hans Wittich bestätigte), von Kurt Meyer (dem langjährigen Gemeindeammann) als Fischer in jungen Jahren (Bild) …

Rolf Seger ergänzte den Reigen der Bilder mit historischen Aufnahmen aus Tägerwilen, Emmishofen (von wo Willy Müller stammte), von Ermatingen und Landschlacht.

Eine der historischen Aufnahmen des Gottlieber Photographen Willy Müller: das Gasthaus Rheineck, das damals noch eigenständig war und später zu Drachenburg&Waaghaus kam, mit dem Eingang auf der Südseite, wie es mit der geplanten Renovation wieder sein wird.

Mehr über Willy Müller und seine Bilder unter: https://histvereinseerhein.ch/willy-mueller/

Ein herzlicher Dank der Bürgergemeinde

Nachdem Bürgerpräsidentin Esther Höppli den wiederum hervorragenden Vortrag von Rolf Seger verdankt hatte (Bild), wurden die durch die historischen Bilder geweckten Erinnerungen beim reichhaltigen Mittagessen aus der Küche der Altnauer Metzgerei Wattinger weiter vertieft – und darüber hinaus angeregte Gespräch über mehr oder weniger Aktuelles, über Gott und die Welt geführt. Dabei zeigte sich, dass das neue Kirchgemeindehaus der Evangelischen Kirchgemeinde Tägerwilen-Gottlieben nicht nur ein zweckmässiger, sondern auch ein wirklich schöner Ort für solche Veranstaltungen ist. So hatten viele es gar nicht eilig den Hinweg anzutreten. Für etwas ist man ja schliesslich pensioniert.

Bleibt der Bürgergemeinde einmal mehr herzlich zu danken für diese jährliche Einladung, die Organisation des Anlasses und das feine Mittagessen. Wahrlich keine Selbstverständlichkeit!

Fotos: M. Baecher, Historischer Verein am Seerhein