Blog von M. Baecher

über Schloss Gottlieben

Während 70 Jahren war Schloss Gottlieben gänzlich abgeschottet – nicht nur für die Bevölkerung, sondern ebenso für Fachleute wie Historiker und Archäologen. Auch das hat sich mit dem Besitzerwechsel zur Familie Huber-Gazdik verändert. So konnte das Amt für Archäologie 2024/25 das Schloss gebäudearchäologisch untersuchen. Über die Erkenntnisse wurden die Medien am 6. Oktober informiert. Entsprechend gross war ihr Interesse. Nebst verschiedenen Printmedien waren auch Radio SRF und TV Ostschweiz vertreten.

In ihrer Begrüssung erinnerte Simone Benguerel, Leiterin Archäologie in diesem Amt, daran, dass es sich hier um eine Anlage von nationaler Bedeutung handelt und Schloss Gottlieben verschiedentlich Schauplatz der Weltgeschichte war. So beispielsweise als zur Zeit des Konstanzer Konzils der Reformator Jan Hus, der Nationalheilige der späteren Tschechischen Republik, hier 1415 eingekerkert war – in einer Holzzelle im Dachgeschoss des Westturms, wie lange Zeit angenommen wurde. Wie die bauarchäologischen Untersuchungen jetzt ergeben haben, stammen der Kerker wie auch der als «Memorabilienraum» bezeichnete Raum drei Geschosse darunter jedoch vermutlich aus der Neuzeit. Laufende Abklärungen in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich werden genauere Erkenntnisse bringen.

Sieben Bauphasen

Der Kenntnisstand zur Baugeschichte des Schlosses Gottlieben beruhte bisher primär auf historischen Quellen wie Plänen und Abbildungen. Auf der Grundlage der bauarchäologischen Untersuchungen von 2024/25 liessen sich jetzt sieben Bauphasen unterscheiden und in entsprechenden Darstellungen festhalten. Der historisch überlieferte Bau der Burg Gottlieben ab 1251 konnte dendrochronologisch bestätigt werden. Die Grundsubstanz mit Wohntrakten im Norden und Osten, den beiden Türmen und der Ringmauer gehen auf diese Bauzeit zurück, wie das Amt weiter schreibt. Im Norden haben sich in den unteren Geschossen auch die ursprünglichen Raumgliederungen erhalten. Nach dem Brand von 1348 wurden die Türme aufgestockt. Teile der damaligen Geschosslagen, Treppenaufgänge und die Dachkonstruktion sind bis heute erhalten.

Wie das Amt weiter schreibt, war die Umwandlung der Burg in einen venezianischen Palazzo im Jahr 1837, nach der Übernahme durch die Familie Bonaparte/de Beauharnais, vor allem auf die Aussenwirkung ausgerichtet: Fassaden und Dach wurden neugestaltet, aber auch die Binnenstruktur beider Wohntrakte erneuert. Das heutige Dach stammt hingegen aus der nachfolgenden Phase unter den neuen Besitzern von Fabrice, die die Umbauten beendeten. Die jüngste Bauphase umfasst die Modernisierung der Anlage im 20. Jahrhundert.

Wassergraben nur indirekt nachgewiesen

Die Parkanlage des Schlosses wurde mittels einer Geoprospektion durchleuchtet. Eine solche Untersuchung kann unterirdische Strukturen, z. B. Reste von Mauern oder Gruben, zum Vorschein bringen. Erwartet wurde vor allem das Erfassen des ehemaligen Wassergrabens, der gemäss Quellen die Burg umgab. Dieser konnte jedoch nur indirekt nachgewiesen werden, schreibt das Amt. Eine diffus erkennbare Steinansammlung deute möglicherweise auf den Verlauf des Grabens hin. Mittels des «Bodenradars» wurde im östlichen Teil der Parkanlage aber ein grosses viereckiges Fundament festgestellt. Es könnte sein, dass dort einmal ein Salzstadel stand, so die Vermutung der Projektverantwortlichen Judith Kirchhofer.

Grandioses Kellergewölbe

Wie die Bodenuntersuchungen weiter gezeigt haben, sind die Fundamente des Schlosses (zumindest teilweise) nur rund einen Meter tief, aber massiv. Mit ein Grund dafür, dass das Schloss in dem schlechten Baugrund (Seekreide) langsam absinke, wie Schlossbesitzer Thomas Huber sagte. Und es wird vermutet, dass es sich nach einem Hochwasser jeweils stärker senke. Wie er weiter ausführte, sei das Problem vor allem, dass die Aussenmauern sich weniger stark senkten als die Mauern in der Mitte des Gebäudes, das Schloss also sozusagen in der Mitte einknicke. Es ist deshalb auf beiden Seiten der Mittelwand jeweils ein unterirdischer Stahlbetonriegel geplant, um diese zu stabilisieren und dieselbe Punktbelastung zu erreichen, wie sie die Aussenmauern tragen.

Unter dem Ostflügel hat es ein grandioses Kellergewölbe, das im Zuge der Untersuchungen mit einem Saugbagger erst wieder freigelegt werden musste. Darüber hatte es einst einen Festsaal, der über eine Wendeltreppe mit dem Gewölbe verbunden war und später für Wohnzwecke unterteilt wurde. Dort besteht eine Einliegerwohnung.


Beiträge in Radio und TV

Verschiedene Medien haben über die Information vom 6. Oktober berichtet, so auch das Regionaljournal von Radio SRF und TV Ostschweiz. Hier die Links zu ihren Beiträgen zum Nachsehen und Nachhören:

Link zum Regionaljournal von Radio SRF: https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/tempo-30-st-galler-regierung-legt-gesetzesentwurf-vor?id=AUDI20251006_NR_0023 (Beitrag über Schloss Gottlieben ab Minute 9:10)

Link zum Beitrag von TV Ostschweiz: https://www.tvo-online.ch/aktuell/schloss-gottlieben-unter-der-lupe-dokumentation-reicht-zurueck-bis-1251-162096960?utm_source=shared-email&utm_medium=shared&utm_campaign=Social%20Media

Und noch der Link auf einen Beitrag von «Schweiz aktuell» vom 2. September 2015, der in diesem Zusammenhang von Interesse sein könnte: https://www.srf.ch/play/tv/redirect/detail/6783a784-1dd4-4c6d-bea6-5114f88034a0


Wie geht es weiter?

Die Sanierung des Schlosses Gottlieben ist eine grosse Aufgabe, der sich die Familie Huber-Gazdik mit viel Verständnis für die historische Bausubstanz, Sinn für die kulturelle Bedeutung und langem Atem stellt, wie sich bei der Medieninformation vom 6. Oktober erneut bestätigt hat. Ihr werde dabei von allen Seiten viel Wohlwollen entgegengebracht, wie Thomas Huber betonte.

Nach vielen Abklärungen und Untersuchungen kann jetzt mit den Instandstellungsarbeiten begonnen werden. Die Westfassade ist mittlerweile zumindest eingerüstet, nachdem die entsprechende Bewilligung (leider verzögert) eingetroffen ist. Wie berichtet, ist sie sozusagen der Testfall, der eine vertiefte Beurteilung des Zustandes der Fassaden ermöglichen wird. Ebenfalls eingerüstet – und abgedichtet – ist die Verbindungsmauer zum Westturm. Sie muss ein Jahr lang austrocknen, bis sie saniert werden kann. Ebenfalls in Vorbereitung ist die statische Ertüchtigung im Untergeschoss, damit das Schloss nicht weiter ungleich absinkt.

In Erarbeitung ist derzeit zudem ein Gestaltungsplan über das ganze Schlossareal. Er wird die Grundlage für die weiteren baulichen Massnahmen bilden. In einem nächsten Schritt sind der Umbau und die Sanierung der Remise geplant, wo vier Wohnungen entstehen sollen.

Thomas Huber bestätigte ebenfalls erneut, dass der Westteil des Hauptgebäudes für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden soll – dort, wo bereits einige Konzerte stattgefunden haben, namentlich aus feuerpolizeilichen Gründen bisher nur auf Einladung.

Fotos: M. Baecher